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März 2020 - Keine Kommentare!

Buchgestaltung
remote(ivated)

Einige Kunden haben mich gefragt, warum ich das denn mache, aus Indonesien arbeiten, fern ab von Büro und Team, und ich habe ihnen gesagt: «Ich mache das eigentlich (auch) für Sie! – wäre ich an meinem Tisch in Freiburg, dann hätte ich pro Tag kaum mehr als 5 oder 10 Minuten Zeit, mich ganz konzentriert Ihren Belangen zu widmen.» Und es ist eben so, wenngleich es parallel noch viele andere Gründe gibt, auf der Insel der Götter zu leben und zu arbeiten: Wie sehr habe ich es in den letzten Jahren vermisst, mich in der Kommunikationsflut auf allen möglichen Kanälen ganz auf eine Aufgabe (oder wenigstens einer Handvoll Aufgaben) zu konzentrieren, die Dinge tief zu durchdenken und auch dranbleiben zu können. Da ich meine Arbeit immer sehr gerne gemacht habe, machten mich die permanenten Bremsen und Störungen oftmals sehr ruhelos und suggerierten gleichzeitig, dass ich meine Sache besser machen könnte – hätte ich nur mehr Ruhe und Fokus.

Diese Chance habe ich hier, fern ab vom Tagesgeschäft. In einer durchaus alternativen Büroatmosphäre, aber immerhin mit einem schnelleren Netz, als ich es in Deutschland bekomme. Umgeben von like-minded people, digitalen Nomaden aber auch von Firmen freigestellte Remoteworker – viele neue Arbeitsplatzkonzepte im Westen zeigen große Offenheit dafür. Der Slogan des Coworkspace, in dem ich mich eingemietet habe, weist auch darauf hin:

«Our work is changing — get remote(ivated)

Das Hubud (Coworkspace) begrüßt seine Gäste und Mitglieder mit dieser netten Idee direkt vor dem Eingang. Natürlich macht das ein jeder, tritt ein und fühlt sich in der Bambusarchitektur sofort wie zu Hause. Die Atmosphäre im Hubud ist außergewöhnlich. Viele Menschen, die sich voll und ganz ihrer Arbeit widmen, Netzwerke aufbauen, kommunizieren, an Kursen teilnehmen, Meetings abhalten, kochen, Tee trinken und diskutieren. Es ist schwierig, sich allein oder isoliert zu fühlen. Es ist einfach, sich hier und da zu unterhalten oder an einer Veranstaltung teilzunehmen, sei es für neue oder für erfahrene Mitglieder. Einmal an das Netzwerk angeschlossen und in kürzester Zeit in die Einrichtungen eingeführt, kann sofort mit der Arbeit begonnen werden.

Dafür kann man sich entweder die Terrasse aussuchen (was ich in der Regel mache) oder sich an einem der Tische im öffentlichen Raum niederlassen. Für konzentrierte (oder sehr ernsthafte Arbeit) gibt es Ruheräume im Erd- und Obergeschoss. Ebenfalls im Obergeschoss finden sich Besprechungsräume oder schallisolierte Skypekabinen. Doch nur die Ruheräume für ungestörtes Arbeiten sind klimatisiert.

Über die Hubudians, also die Facebook-Community des Hubud, geht man Talentfischen. Heute z.B. habe ich eine Anfrage für Illustration gepostet, gerade bereite ich eine vor für Videoschnitt und den Einbau von Untertiteln. Es gibt so viele Talente, die mit dem Hub verbunden sind, dass man leicht kreative Leute findet. Das Veranstaltungsteam ist nicht faul – täglich erhalte ich Nachrichten über bevorstehende Tages- oder Abendveranstaltungen, die mehr oder weniger mit den verschiedenen Geschäftsfeldern zu tun haben oder ansonsten einfach nur unterhaltsam sind, und zuweilen auch ganz neue Perspektiven eröffnen. Die Veranstalter sind jeden Tag im Einsatz, immer offen für Anfragen und stets bereit, einen mit allem zu versorgen, was man braucht.

Ich werde mich kurz fassen, denn der Tag wird heute lang werden – einschließlich einer Veranstaltung zum Austausch von Fertigkeiten (Skill Share) im Hubud, die von einem jungen estnischen Unternehmer zum Thema Teambuilding abgehalten wird. Fürs Erste nutze ich jetzt die große Datenbandbreite für eine Aktualisierung der ganzen Dropbox und eines Backups, warte drauf, dass mein Team in Freiburg das Büro öffnet, um sodann ein paar Dinge zu besprechen, Daten auszutauschen und an 2–3 Projekten unserer Kunden in Kuwait zu arbeiten.

Rund um den «Hub»

Das Hubud befindet sich direkt vor dem Eingang des Affenwaldes. Der ganze Ort ist voll von kleinen Geschäften und Restaurants. Sehr alte und riesige Bäume überschatten das Gebiet. Wenn man sich einmal die Zeit nimmt und – anstatt nach der Arbeit mit dem Roller loszufahren (jeder hat einen Roller) – in diesem Teil der Monkey Forest Road herumläuft, muss man stets auf die verspielten Graumakaken aufpassen. Ein Stamm wird von vier anderen Stämmen, die im Affenwald leben, seit Jahrzehnten ausgegrenzt. Insofern kommen diese nicht mehr in den Wald hinein und treiben den ganzen Tag außerhalb – auch in unserem Arbeitsbereich – nur Unsinn. Aus diesem Grund hängen überall Steinschleudern oder Stoffschlangen zum Herumwirbeln, was sie vertreiben soll.

Der Heilige Affenwald in Ubud ist viel älter als Indonesien. Untersuchungen im Wald haben gezeigt, dass er bereits im 14. Jahrhundert zur Beheimatung der heiligen Affen vorhanden war. Damals war Ubud die Hauptstadt eines Königreichs, von dessen Palästen einige heute noch existieren. Die königliche Familie lebt noch immer hier. Die Makaken sind verspielt, frech und manchmal bissig. Nach dem Tri Hita Karana, der Lehre der Dreieinigkeit des Wohlbefindens in der Wahrung des Friedens mit den Göttern, den Menschen und der Natur, werden sie seither gepflegt und gefüttert. Der Affenwald ist 31 Hektar groß und umfasst Pilgerwege und alte Tempel, ist aber vollständig im «Besitz» der Affen. Menschen dürfen auf eigene Gefahr darin herumlaufen…

… die Arbeit wartet. Ein Kunstbuch für Wienand in Köln, zwei Architekturbücher für Kuwait, ein Koran für Muskat, Leseraben für Ravensburger und ein paar Herstellungskalkulationen. Das sind die Dinge, die hier im Monkey Forest dieser Tage passieren.

Niklas Weiß, 6. März 2020

Veröffentlicht von: niklas in Allgemein (unwirksam)

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